Leben auf dem Golfplatz ist möglich – und sogar besser, viel besser, als viele Menschen denken. „Der Golfer ist ein Naturschützer“, sagt Agrarwissenschaftler Dr. Gunther Hardt, in Fachkreisen auch der Rasendoktor genannt. Hardt arbeitet seit vielen Jahren als Sachverständiger für den Bau und die Pflege von Golfplätzen. Das alte Klischee, dass Golfplätze die Natur verschandelten und keinen Artenreichtum erlaubten, stimme einfach nicht, kritisiert Hardt. Schließlich spielten Golfer in einer Landschaft und nicht auf einem Sportplatz. Trotzdem: Es hat sich erst wenig herumgesprochen, dass Golfanlagen als Refugium für Flora und Fauna dienen können, das der Natur mehr nützt als schadet.
Vorurteile gibt es immer noch. Vor allem bei den Umweltverbänden und unter Umweltpolitikern. Woran das liegt? „Vermutlich daran, dass Golf immer noch als ein Sport der Reichen gilt und sich in Deutschland bislang nicht als Breitensport durchgesetzt hat“, sagt Diplom-Ingenieurin Ulrike Schuckert. Eine objektive, rationale Auseinandersetzung sei wohl nach wie vor bei diesem Thema nicht möglich, vermutet die Wissenschaftlerin. Schuckert hat ihre eigenen Erfahrungen gemacht. Im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz schloss sie 2002 an der Justus-Liebig-Universität Gießen ein Gutachten mit dem Titel „Naturschutzpotenziale von Golfplätzen in Deutschland“ ab. Die Studie sollte als Vorlage für ein Greenkeeper-Leitfaden dienen. Doch dazu kam es zunächst nicht. Die Studie verschwand erst einmal in der Versenkung. Offenbar sei man von Behördenseite überrascht gewesen, wie gut die Golfplätze dabei abschnitten, mutmaßen Schuckert und ihre Kollegen von damals.
Studie zeigt vielfältige Flora und Fauna
13 als repräsentativ geltende Plätze quer durch die Republik wurden für die Studie ausgewählt, in Hessen der Golf-Club Eschenrod im Vogelsbergkreis. Die Wissenschaftler dokumentierten penibel Flora und Fauna und deren Entwicklung über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren. Das Ergebnis: Von Rasenwüsten keine Spur. Bis zu zwei Drittel der Golfplätze bestehen demnach aus Hard-Rough, das weniger gepflegt wird und in der Regel sehr gut geeignet ist als Lebensraum für diverse Arten.
Nur auf sehr wenigen Plätzen wird laut Ulrike Schuckert auch abseits der Fairways und Grüns konsequent gemäht. Bei diesen Beispielen handele es sich in der Regel um hochprofessionelle Wettbewerbsplätze nach US-amerikanischem Vorbild. Auf den meisten Golfplätzen fände sich gleich neben den kurzgemähten Spielflächen dieselbe Pflanzenvielfalt, wie sie auch in der Umgebung des jeweiligen Landstriches vorkomme.
Was für die Vegetation gilt, gilt nach Erkenntnis der Wissenschaftler auch für Tiere. Abgesehen von einigen „Bodenbrütern“, wie etwa der Feldlerche, würden keine Tiere von einer Golfanlage vertrieben werden, die in dieser Gegend heimisch seien. Im Gegenteil: Viele Clubs sind stolz darauf, dass Füchse, Fledermäuse, Eichhörnchen oder Greifvögel sich auf dem Platz genauso wohlfühlen wie Golfer. In manchem Sekretariat wird Honig verkauft von clubeigenen Bienen – etwas, womit Viehweiden oder Getreidefelder kaum dienen können.
Auch was das Düngen betrifft, stehen Golfplätze in diesem Vergleich gut da, besagt die Studie der Uni Gießen: Mittel würden auf den allermeisten Golfplätzen nur auf den Fairways und Grüns ausgebracht, und zwar nur so viel, wie erforderlich sei. Anders als etwa bei landwirtschaftlichen Flächen, die oft gleichzeitig als Gülle-Entsorgungsflächen dienten.
"Wir nehmen Naturschutz extrem wichtig"
An besonders vorbildliche Clubs vergibt der Deutsche Golf Verband (DGV) seit 2005 ein „Golf&Natur“-Zertifikat. Der Golf-Club Spessart in Bad Soden-Salmünster erhielt für seine gelungene Symbiose aus Sportanlage und Natur seinerzeit als erster Club bundesweit diese Auszeichnung. „Das Besondere bei uns ist die naturnahe Bepflanzung, die Einbettung in das Vogelschutzgebiet und die Ruhe, die uns von anderen Plätzen unterscheidet“, sagt Axel Schmid vom GolfClub Spessart. Längst sind allein in Hessen 15 weitere Golfplätze hinzugekommen, die am Programm „Golf & Natur“ teilnehmen, beziehungsweise ein Zertifikat führen. Deutschlandweit sind es 170 Clubs.
Hinter dem Konzept „Golf & Natur“ verbirgt sich Dreierlei: eine Anleitung für eine umweltgerechte und eine wirtschaftliche Zukunft der Golfanlagen sowie für die Verbesserung der Spielbedingungen. Entwickelt wurde es zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Unterstützt wird das Programm außerdem durch den Greenkeeper Verband Deutschland sowie durch den Golf Management Verband Deutschland.
Am Anfang des Zertifizierungs-Prozederes steht eine Bestandsaufnahme. In Übersichtskarten werden die natürlichen Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten eingetragen. Beschrieben werden hier die Standorte, ihre Verteilung, Biotoptypen, Flora und Fauna. Später gehört zum Beispiel die Einhaltung der gesetzlichen Umweltschutzbestimmungen, inklusive der Entsorgung oder des Recyclings der entstehenden Abfälle dazu. Ebenso die Ausbildung der Greenkeeper in Bezug auf den Naturschutz, um nur einige Beispiele zu nennen. „Wir nehmen Naturschutz extrem wichtig“, sagt Marc Biber, zuständig für Umwelt und Platzpflege im DGV. Durch achtsame Pflege und optimales Management könnten botanische Kostbarkeiten wie Berg-Sandglöckchen, Englischer Ginster und Tausendgüldenkraut entdeckt werden. Auch für zahlreiche Pilz- und Wildbienen-Arten bieten Golfplätze laut Biber gute Lebensbedingungen.